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Lageplan Sägewerk Aug. Herbst 1948 korr. 1957

Schätzchen von Herbsthausen
Das Sägewerk Aug. Herbst in Gartow

Sägewerk Aug. Herbst

Sägewerk Aug. Herbst, Gartow
Sägewerk Aug. Herbst Westseite

Kurzer Exkurs einer langen Geschichte

Die Gründung

Das „Schätzchen“ ist ein Sägewerk mit dazugehörigem Maschinenpark. Es bildet seit 1865 über 100 Jahre mit der Gründung einer Holzhandelsgesellschaft, spätestens aber mit dem Bau des 1. Sägewerks an gleicher Stelle mit dem Schloss und Grafen Bernstorff, der Kirche und dem Rathaus die neue, gestaltende Kraft in Gartow.
Als 1891 mit dem Bau eines neuen, jetzt industriellen Sägewerks mit Dampfmaschine, Generator, Brunnen und vier Schneidstraßen das Zeitalter der Industrie in Gartow begann, wurden das Sägewerk und sein Besitzer, Johann Christian Georg Herbst, zwar nicht zu einem ‚global player‘, aber zu einem regionalem Wirtschaftskapitän, der sein Boot für sich und seine Mitarbeiter durch die Strudel der Zeit auf einem erfolgreichen Kurs steuerte.
Im Stile der Schlotbarone aus dem Ruhrgebiet endstanden Arbeiterhäuser als Doppelhäuser. Naheliegend für einen Sägewerksbetrieb wurden die Häuser in Fachwerk-Bauweise errichtet und bekamen, typisch für Arbeiterhäuser um 1900, im Hof ein kleines Stallgebäude. Luxus für die damalige Zeit war das elektrische Licht mit dem das Sägewerk über den an die Dampfmaschine angeschlossenen Gleichstrom-Generator sich selbst und die umliegende Gegend er- und beleuchtete.
Das Sägewerk entwickelte sich zu einem Kristallisationskern für eine neue Prosperität in Gartow Ortsteil Flecken. J.C.G. Herbst legte den Grundstein für eine soziale und wirtschaftliche Entwicklung um seine Firma, die dem Ortsteil den bezeichnenden Namen „Herbsthausen“ eintrug.
Sicher, das hat alles nicht die Größenordnungen wie bei den Stahlbaronen Krupp oder Thyssen, aber regional wurde das Sägewerk zu einer gestaltenden Kraft, das Häuser und Höfe und Scheunen in der Gegend errichtete.

Fachwerkbauten, die immer mit einem Rosenstock zum Richtfest bestückt wurden. Man sollte die Gegend mal nach alten Rosenstöcken an Fachwerkhäusern erkunden und hat dann vielleicht ein altes „Herbst-Haus“ gefunden. Gestaltend auch in Hinsicht auf die Ausbildung von Fachkräften, die möglichst auf dem Werk bleiben und Leben sollten.
Maschinenhaus
Maschinenhaus mit Zyklon
1891 bis heute
Eine Schrotmühle war beim Ausbau des Werkes 1891 über die Transmission an die Dampfmaschine angekoppelt. Dadurch wurde ein empfindlicher damaliger Mangel abgestellt. Viele der Arbeiter des Sägewerks betrieben, vom Sägewerk mit Land versehen, kleinste Landwirtschaften im Nebenerwerb und für die tägliche Versorgung mit Lebensmitteln. Die Kosten für einen Lohnmüller konnten nun gespart werden. Vermutlich gegen Arbeit konnten man Getreide für das Vieh in der Mühle schroten lassen. Sozial aber auch ökonomisch gedacht.
Als Modernisierung und Verstärkung wurde 1923/24 eine 190 PS starke Dampfmaschine (stationäre Lokomobile) neu bei Lanz in Mannheim gekauft. Sie versorgte das gesamte Werk über die Transmission mit Kraft und Strom. Der begleitende Bau eines Brunnens für die Siedewasser-Versorgung brachte gleichzeitig Wasser für die Nachbarschaft. Ein werkseigenes Wasserwerk.
Die Erweiterung der Tischlerei und ein Trockenraum folgten 1934. Der letzte Besitzer, Günther Herbst, baute in seinen jungen Jahren 1959/1961 die alte 3-Ständer-Sägehalle zu einer Halle mit freitragendem Dachwerk mit Hänge- und Strebewerk um. Man reduzierte die drei Schneidstraßen auf zwei Schneidstraßen und kaufte das damals modernste Vollgatter der Firma Linck (U71) als Gatter 1. Heute bezeichnet Günther Herbst die kostenintensive Modernisierung, als eine seiner kostspieligsten „Jugendsünden“. Das alte Lein-Pirna Gatter blieb als Gatter 2 erhalten.
1947/1951 wird noch die Mühle neuerrichtet, die noch bis 1965 betrieben wurde.
Der Betrieb ist jetzt auf dem Stand, wie er sich heute als ein etwas verlottertes „Schätzchen“ darstellt.

Gattersägen 1 und 2

Gatter 1

Gatter 2

Gatter 1
Linck U71
Baujahr 1961
Spannwagen GA Serie 6/465 — Hilfswagen GY Serie 3/665
Die Vorschubantriebe werden beim U71-Gatter hydraulisch betätigt. Synchron gesteuerte Vorschubregelung. Die Betätigung der oberen Vorschubwalzen erfolgt hydraulisch. Die Bedienfunktionen sind vom Spannwagen elektrisch ferngesteuert.
Gatter 2
Lein-Pirna Cyklop I No 7
Baujahr 1925
1 Spannwagen mit Steuerung und Hilfswagen auf der Schneidseite; Spannwagen mit Hilfswagen auf der Ausrückseite
Gatterrahmen aus Gusseisen. Antrieb Sägerahmen über gekoppelte Schwungräder mit einer Unterflur-Riemenscheibe. Verstellbare Kletterwalzen und Permanentvorschub.

Dampfmaschine: stationäre Lokomobile Heinr. Lanz AG

Dampfmaschine
Lanz stationäre Lokomobile mit automatischer Thost Schrägrost-Feuerung

Technische Daten

liegende Einzylinder-Maschine auf Böcken gelagert

Hersteller: Heinrich Lanz AG, Mannheim
Baujahr: 1923
Fabrik- Nr.: 40638
Steuerung: Ventil Regler Achsenregler
Kolbenhub: 500 mm (Schleppkolben)
Betriebsdruck: 12 atü
Umdrehungszahl: – U/min.
Schwungrad ⌀: 2100 mm
Leistung: normal 190 PS
Feuerung: Thost Schrägrost Unterflur
Baulänge: 6500 mm (Zylinderdeckel – Kurbeltrieb Verkleidung)
Kessel: Röhrenkessel samt der aus einem Stück gefertigten Wellrohrfeuerbüchse ausziehbar, um eine schnelle, bequeme und gründliche Reinigung von Kesselsteinansätzen zu ermöglichen.
Schmierung: Kurbelwellenlager sind als Ringschmierlager ausgebildet, die Schmierung der Exzenter erfolgt mittels Öler, welche durch Zentrifugalkraft das Öl in die Exzenter schleudern. Diese Einrichtung ermöglicht die Schmierung sämtlicher Teile auch während des Ganges der Maschine.

Beschreibung Lanz Fab.-Nr: 40683
Bei der Dampflokomobile handelt es sich um eine Einzylinder-Heißdampf-Lokomobile mit Ventilsteuerung und zwei Schwungrädern der Fa. Heinrich Lanz, Mannheim, vermutlich Typ PE 14 Fortentwicklung mit 190 PS Leistung.
Als Besonderheit erhielt sie eine sogenannte Vorfeuerung, welche es ermöglichte, die Maschine ausschließlich mit im Sägewerk als Abfallprodukt anfallenden Sägespänen zu beheizen. Eine Schrägrostfeuerung von Thost, Zwickau, und kombiniertem Flammrohr-Rauchrohr-Kessel, ca. 30 qm Heizfläche.
Das zur Dampferzeugung benötigte Wasser wurde aus einem eigenen Brunnen gezogen und im Maschinenhaus aufbereitet.
Die Anlage zählte zu den modernsten ihrer Art und war der Stolz der Besitzer.
Lokomobile
Eine Lokomobile (sing./fem., vgl. Lokomotive, von lateinisch locus: Ort und mobilis: beweglich), auch als Portable oder heute manchmal als Lokomobil (neutr.) bezeichnet, ist eine Dampfmaschinenanlage in geschlossener Bauform, bei der alle zum Betrieb der Anlage erforderlichen Baugruppen (Feuerung, Dampfkessel, Steuerung sowie die gesamte Antriebseinheit, bestehend aus Zylinder(n), Kolben, Kurbelwelle und Schwungrad mit Riemenscheibe) auf einer gemeinsamen Plattform montiert sind. Nach einigen verschiedenen Anläufen, die bestmögliche Bauform zu finden, wurden schließlich die meisten Maschinen mit oberhalb des horizontal liegenden Kessels angebrachtem Antrieb gefertigt. Diese Bauform war auch der Durchbruch für die selbstfahrenden Lokomobilen, da der Kessel in verstärkter Bauweise eine separate Plattform erübrigte und alle Komponenten der Maschine auf ihm Platz fanden.

Objektmatrix

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